Mannheimfahrt muss auf die Tagesordnung des Stadtrates

OB Hilbert geht gern und oft auf Dienstreise. Hierfür wurde ihm bereits der Negativpreis Schleudersachse verliehen. Nun plant OB Hilbert zu Beginn des Sommers eine Dienstreise mit großem Tross: Anfang Juli soll es mit dem Stadtrat und weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern für zwei Tage zur Bundesgartenschau nach Mannheim gehen. Aus Sicht der LINKEN ist eine solche Reise mit großer Entourage jedoch eine unnötige Verschwendung städtischer Gelder. Deshalb hat die Fraktion DIE LINKE bereits im März einen Antrag gestellt, mit dem die Reise auf eine kleinere Delegation beschränkt werden soll.

Die Fraktion hat zudem beantragt, den Antrag auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Stadtrates zu setzen. Doch Hilbert verweigerte die Behandlung des Antrags im Stadtrat. Die Fraktion DIE LINKE wollte dieses Handeln nach Gutsherrenart nicht hinnehmen und setzte sich gerichtlich gegen Oberbürgermeister Hilbert zur Wehr.

Nun hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 26. Juni 2023 entschieden und eine einstweilige Anordnung gegen Oberbürgermeister Hilbert erlassen. Hilbert wurde gerichtlich verpflichtet, den Antrag der Fraktion DIE LINKE unverzüglich auf die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung des Dresdner Stadtrats zu setzen. Der gerichtliche Beschluss ist unanfechtbar. Die Entscheidung wurde für die Fraktion DIE LINKE von Rechtsanwalt André Schollbach erstritten.

Dazu erklärt Stadtrat Tilo Kießling (DIE LINKE): Dass eine Reise des gesamten Stadtrates einfach vom Oberbürgermeister angesetzt wird, ohne dass der Rat darüber entscheiden darf, ist einfach absurd. Ich weiß nicht, warum OB Hilbert Angst vor der Debatte hat. Aber einem Stadtrat seine Rechte zu beschneiden, ist übergriffig. Das geht gar nicht! Vor dem Hintergrund der Haushaltssperre, wegen der viele Ämter um jeden Euro betteln müssen, erhält die von Oberbürgermeister Hilbert mit großem Tross geplante Reise jetzt neue Brisanz.

Einige Auszüge aus dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts:

Die persönliche Einladung einzelner Ratsmitglieder zählt nämlich unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt und schon gar nicht nach § 51 Abs. 1 SächsGemO zu den Aufgaben des Antragsgegners.

Damit hat der Antragsgegner selbst zum Ausdruck gebracht, dass die Veranstaltung in der von ihm gewählten, ungewöhnlichen Form nicht unabdingbar für die Sitzungsvorbereitung ist. Vielmehr handelt es sich um eine Veranstaltung, die gleichzeitig das Recht des Stadtrates aus § 38 Abs. 2 SächsGemO betrifft, seine inneren Angelegenheiten selbst zu organisieren.

Das Recht des Stadtrats zur Regelung seiner inneren Angelegenheit umfasst spiegelbildlich auch das Recht, eine solche, vom Antragsgegner initiierte Reise für den Stadtrat insgesamt durch Mehrheitsentscheidung abzulehnen oder zu modifizieren. Es liegt auf der Hand, dass das betroffene Organ sich mit einer für eben dieses Organ geplanten Aktivität selbst befassen und dazu ggf. Beschlüsse treffen darf.

Vielmehr kann es handfeste Gründe geben, eine solche Reise abzulehnen, etwa die Frage, welche Außenwirkung sie für den Stadtrat als Organ entfaltet oder auch die Frage des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Geldern, die sich unabhängig davon stellt, aus welcher Haushaltsposition die Reise bezahlt werden soll.

Link zur Medieninformation des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts: https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1067579

 

29. Juni 2023